Berufsinfoabend im Studiengang Pharmazie 2022

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Vom GC-Management zum Giftinformationszentrum – das vielfältige Spektrum der Pharmazie

Im digitalen Format moderierten Dr. Clara T. Schoeder, Nachwuchsgruppenleiterin für Proteindesign im Bereich Immunotherapeutika am Institut für Wirkstoffentwicklung an der Universität Leipzig, und Prof. Dr. Thilo Bertsche, Studiendekan Pharmazie und Professor für Klinische Pharmazie am Institut für Pharmazie, am 20. Januar 2022 einen Berufsinfoabend an der Universität Leipzig. Ziel war es, den angehenden Absolvent:innen der Pharmazie die vielfältigen Berufsmöglichkeiten aus erster Hand vorzustellen.

 

Insgesamt 10 Vorträge standen beim insgesamt dreieinhalbstündigen „Info-Ultratrail“ für die Pharmazie-Studierenden der Universität Leipzig auf dem Programm. Davon ließen sich jedoch die 80 Teilnehmer:innen nicht abschrecken. Viele hatten im Anschluss auch noch Fragen an die kompetenten Referent:innen.

 

Dr. Markus Kuschak, QC Manager bei der Bayer AG aus Leverkusen stellte seinen „bunten Blumenstrauß der Möglichkeiten“ in der pharmazeutischen Industrie vor. Teamworking ist dabei wichtig. Gerade die Vielfältigkeit der Aufgabenbereiche stellt für ihn den besonderen Reiz einer Tätigkeit in der pharmazeutischen Industrie dar, die er anschaulich am Beispiel seines Arbeitgebers illustrierte. Die beruflichen Möglichkeiten im Rahmen der internationalen Vernetzung sieht er dabei als ein wichtiges Charakteristikum besonders großer Pharmaunternehmen. Mit enormen Produktionszahlen eines breiten Sortiments konnte Herr Kuschak das Auditorium beeindrucken. 2500 Mitarbeiter:innen arbeiten allein in Leverkusen. Er zeigte Aufgaben und Struktur des so genannten Supply Centers, in dem er selbst als QC-Manager tätig ist, näher auf.

 

Dr. Clara T. Schoeder stellte ihren Lebenslauf als Wissenschaftlerin vor. Über eine Promotion kam Sie zur Forschung. Die Tätigkeit in der Forschung hat ihr derart gut gefallen, dass sie in diesem Bereich bleiben wollte. Wichtig war es ihr allerdings, im Rahmen ihrer weiteren Berufstätigkeit neue Methoden und Verfahren kennenzulernen. In den USA setzte sie daher ihre Arbeiten fort und konnte sich viele neue Forschungsthemen erarbeiten, die sie nun in Leipzig einbringen kann. Die Post-Doc-Phase sieht Clara T. Schoeder als Orientierungsphase. Besonders betonte sie auch die Möglichkeiten der außeruniversitären Forschung. Clara T. Schoeder stellte allerdings auch die Hürden bei der akademischen Berufsplanung vor, wie beispielsweise die leider immer noch üblichen Kurzzeitverträge.

 

Dr. Björn Cohrs, GMDP-Inspektor vom Landesamt für soziale Dienste Schleswig-Holstein aus Neumünster stellte seine Tätigkeit in der Behörde vor. Er zeigte seinen beruflichen Weg dorthin auf. Im Fokus seiner Tätigkeiten steht beispielsweise das Inspizieren von pharmazeutischen Betrieben. Apothekenaufsicht ist ein weiterer Schwerpunkt seiner Behörde, die u. a. von ehrenamtlichen Pharmazieräten ausgeübt wird. Europäische und weltweite Standards sowie gesetzliche Vorgaben sind von zentraler Bedeutung für seine Tätigkeit. Als „Inspektor“ kann man auch in vielen Gremien und Fachgruppen auf nationaler und internationaler Ebene tätig sein. Inspektionen sind ein zentraler Bestandteil der Tätigkeit. Berufserfahrung und Englischkenntnisse sind Vorteile bei der Bewerbung.

 

Dr. Christiane Eickhoff, Fachreferentin bei der ABDA im Bereich Arzneimittel, stellte ihren Werdegang, der unter anderem mit einer Promotion in der Klinischen Pharmazie begann, vor. Nach einer Tätigkeit in einem Start-Up für immunologische Tests setzte sie ihre Karriere bei der ABDA fort. Ihre Motivation für die dortigen Aufgaben war vor allem die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern. Zudem begeistert sie die Projektarbeit. Wie funktioniert Versorgung wirklich? Dies ist eine zentrale Frage mit der sich Christiane Eickhoff beschäftigt. Eine wichtige Rolle für ihre Tätigkeit in einem Verband spielte auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auch weitere Tätigkeiten wie die der Lehrbeauftragten lassen sich gut in Einklang bringen. Konzeptionelles Denken, ein wissenschaftliches Fundament und Begeisterungsfähigkeit für das Projektmanagement sind wichtige Voraussetzungen für ihre Tätigkeit.

 

Leonie Riedel, die als Apothekerin im Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr in Koblenz tätig ist, zeigte auf, was ihren Arbeitgeber auszeichnet. Rund 240 Apotheker:innen sind bundesweit in der Bundeswehr als einem der mit größten Arbeitgeber Deutschlands tätig. Eine sichere sanitätsdienstliche Gesundheitsversorgung im normalen Betrieb sowie im Rahmen von beispielsweise Amts- und Katastrophenhilfe oder Landes- und Bündnis-Verteidigung gelte es, im In- und Ausland zu erfüllen. Lebensmittelchemie und Sanitätsmateriallogistik gehören ebenso zur Wehrpharmazie wie typische wissenschaftliche und praktische pharmazeutische Tätigkeiten in der Herstellung, Analytik oder Klinischen Pharmazie. Vor allem Teamgeist und Flexibilität aber auch Freude an interdisziplinärer Zusammenarbeit sind wichtige zentrale Grundvoraussetzungen. Apotheker:innen haben vielseitige Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung sowie zur Spezialisierung in nahezu allen pharmazeutischen Teilbereichen. Der Sanitätsoffizier ist auch eine Führungskraft, die eine hohe Verantwortung bei Entscheidungen trägt. Ein Weg zum Arbeitgeber Bundeswehr ist vor, nach und auch während des laufenden Studiums der Pharmazie möglich.

 

Prof. Dr. Frank Dörje stellte seine Laufbahn zum Direktor der Apotheke des Universitätsklinikums Erlangen vor, die unter anderem über eine Promotion in der Pharmakologie führte. Tätigkeiten führten ihn nach Frankfurt und die USA sowie in die präklinische Forschung nach Kopenhagen. Der Leidenschaft für die Klinische Pharmazie folgend wechselte Dörje zunächst nach Ulm und später nach Erlangen. Er zeigte die vielfältigen Aufgaben des Apothekers in einem Klinikum auf. Diese reichen von der Logistik über die Pharmakoökonomie und dem klinisch-pharmazeutischen Service bis hin zur Herstellung mit einem zentralen Zytostatika-Service und einer Herstellung mit Erlaubnis nach §13 AMG. Auch die Kommissionarbeiten erachtet er als zentral. Unit Dose-Versorgung sieht er als einen innovativen Zukunftsbereich. Auch in der Forschung und Lehre sind Krankenhausapotheker sehr aktiv.

 

Dr. Anette Schenk, Leiterin Lektorat Fachmedien bei der Avoxa Mediengruppe, stellte die Tätigkeit der Apotheker:in in einem Fachverlag vor. Sie stellte ihrem Vortrag zunächst voran, mit einem Pharmaziestudium „alles richtig gemacht“ zu haben. Das Medienangebot von Avoxa ist vielfältig und umfasst neben Fachmedien auch Publikumsmedien und Online-Angebote. Im Lektorat werden Veröffentlichungen geplant und Kontakte zu Autor:innen gepflegt. Dabei ist ein Gespür für relevante Themen wichtig. Bei der täglichen Arbeit steht allerdings das Redigieren von Texten im Fokus. Dies geschieht in enger Abstimmung mit den Autor:innen. Schenk fasst zusammen, dass es in ihrer Tätigkeit nie zur Routine kommt, da man stets neue Publikationen liest und eigene Ideen einbringen kann.

 

Chris Graichen, leitender Apotheker in der Sanct Georg Apotheke Leipzig stellte die Aufgabengebiete in der öffentlichen Apotheke vor. Die Anzahl der Apotheken sei sinkend, aber der Personalbedarf steigt weiter an. Noch nie seien mehr Apotheker in öffentlichen Apotheken angestellt gewesen. Der Grad der Filialisierung steigt immer mehr – Verbünde nehmen zu. Das eRezept wird seinen Ausführungen zufolge den Apothekenmarkt grundlegend ändern. In der Telepharmazie und der Videoberatung sieht er weitere Herausforderungen für die Zukunft der Apotheke. Warum öffentliche Apotheke? Die Sichtbarkeit in der Gesellschaft, der unmittelbare Dank der Patienten, die Tätigkeit zu Hause oder heimatnah und die Möglichkeit zur Selbständigkeit motivieren ihn jeden Tag aufs Neue für die Offizin. Auch Forschungsprojekte in Diplomarbeiten sind dort möglich.

 

Susanne Giering ging nach dem Pharmaziestudium in Leipzig als Lehrerin an die PTA-Schule. Dort ist sie aktuell als Fachleiterin in der Ruth-Pfau-Schule tätig. PTA werden nach einer einheitlichen Ausbildungsordnung ausgebildet. 2 Jahre Berufsfachschule und 6 Monate praktische Ausbildung sind zu absolvieren. In Sachsen gibt es sowohl staatliche als auch private Schulen. Arzneimittelkunde und Galenik, Botanik und Chemie aber auch Körperpflegekunde sind wichtige Fächer im ersten Ausbildungsabschnitt. Der Fokus im zweiten Abschnitt liegt auf der Apothekenpraxis. Freude am Unterrichten, hohes Maß an Empathie, strukturiertes Arbeiten und Selbstreflexion sind Voraussetzungen. Man sollte komplizierte Sachverhalte verständlich erklären können. Gierung gibt zu bedenken, dass viele der Schüler noch nicht volljährig sind und damit auch eine Erziehungsauftrag in der Arbeit mit Jugendlichen zu erfüllen ist.

 

Mandy Gollmann stellte ihre Aufgaben im „Gemeinsamen Giftinformationszentrum der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen“ vor. Tätigkeiten in der Krankenhausapotheke, der Kassenärztlichen Vereinigung, der pharmazeutischen Industrie und der öffentlichen Apotheke – auch ein Auslandsaufenthalt – gingen dieser Tätigkeit voran. Giftinformationszentren gibt es bundesweit nur an 7 Standorten. Dort ist ein 24h-Dienst 7 Tage pro Woche sicherzustellen. Jede Anfrage wird in einer Datenbank dokumentiert. Intensive Recherchen sind dann zur Beantwortung erforderlich. Die meisten Anfragen werden von Privatleuten oder aus dem Krankenhaus heraus gestellt. Viele Fragen erstrecken sich auch auf mögliche Vergiftungsfälle von Kindern und Jugendlichen. Neben Anfragen zu Medikationsfehlern bei Arzneimitteln betreffen zahlreiche Fragen auch Chemikalien und Haushaltsprodukte.

 

Im Anschluss wurde unter anderem über die erforderlichen Qualifikationen – auch im Rahmen einer Promotion – diskutiert. Die Übernahme von Pharmaziepraktikanten in eine dauerhafte Tätigkeit gerade in der Industrie und im Krankenhaus war für die Teilnehmer:innen von großem Interesse. Fragen zu den Gehaltserwartungen in den jeweiligen Sparten wurden ebenso thematisiert wie grundlegende Fragen, was für ein Bewerbung oder ein Bewerbungsgespräch zu beachten ist. Fragen reichten von den Tätigkeiten in der Forschung bis zur öffentlichen Apotheke.

 

Clara T. Schoeder und Thilo Bertsche zogen nach einem langen inhaltsreichen Abend das Fazit, dass das Pharmaziestudium sehr viele Perspektiven bietet. Gerade die Flexibilität der Wahlmöglichkeiten ist eine Stärke des Pharmaziestudiums. Die Referent:innen rieten dazu, die persönlichen Präferenzen zu berücksichtigen, um das für sie richtige Berufsfeld in der Pharmazie zu finden.

 

Alle waren sich einig: das Veranstaltungsformat soll eine Fortsetzung finden. In einer „Infoveranstaltung 2.0“ sollen im nächsten Semester die vielfältigen Berufsperspektiven in der Pharmazeutischen Industrie dann noch detaillierter vorgestellt werden.